Die Spiegeltherapie...

...ist eine erfolgreiche Behandlungsmethode u.a. für die Folgen eines Schlaganfalls.

Schlaganfälle sind die häufigste Ursache für eine Behinderung und eine daraus resultierende Pflegebedürftigkeit. Häufigstes Symptom ist dabei die Halbseitenlähmung. Im Rahmen der Rehabilitation wird vor allem durch aktive oder passive Bewegung versucht, die geschädigte Hirnhälfte zu aktivieren. Schwierigkeiten entstehen dann, wenn auch Defizite in der Körperwahrnehmung bestehen, die die Wirksamkeit dieser Rehabilitationsprogramme begrenzen. Befunde aus der Grundlagenforschung demonstrieren, dass manche Kontrollstrukturen im Gehirn nicht nur durch die Ausführung einer Bewegung, sondern bereits durch dessen Vorstellung oder Beobachtung aktiviert werden (Grèzes and Decety, 2001). 

Eine elegante Umsetzung als Therapieansatz ist die Spiegeltherapie. Hierbei werden Bewegungen der nicht betroffenen Extremität über einen Spiegel als Bewegungen der betroffenen Extremität dargeboten. Eine Untersuchung zeigte, dass diese Spiegelung in der Tat zu einer Aktivierung der jeweils anderen Hirnhälfte führt (Dohle et al., 2004).

Neben der „Propriozeption“, also der Wahrnehmung der Körperstellung, wird die visuelle Wahrnehmung des eigenen Körpers bei den meisten Therapien eher vernachlässigt bzw. teilweise sogar gezielt ausgeschaltet (z.B. durch Schließen der Augen). Keines der etablierten Therapieverfahren macht sich den visuellen „Eingang“ explizit zu Nutzen.

 

Warum funktioniert die Spiegeltherapie?

 

Die Grundlagen der Spiegeltherapie konnten in einem Experiment mit funktioneller Kernspintomographie genauer beschrieben werden. In einer Studie wurde die Hirnaktivität während der Ausführung eines Bewegungsauftrages bestimmt. Es ergab sich durch die Spiegelung der Bewegung eine zusätzliche Aktivierung der Hirnhälfte, die für die Hand zuständig ist, die visuell wahrgenommen wird.

In anderen Worten: wird die rechte Hand bewegt (wofür die linke Gehirnhälfte zuständig ist), aber gespiegelt als linke Hand wahrgenommen, 

so führt dies zu einer Aktivierung der rechten Hirnhälfte (und umgekehrt). Es wird vermutet, dass es diese zusätzliche Aktivierung ist, die zur Verbesserung der geschädigten Funktionen, beispielsweise nach Schlaganfall, beiträgt.

 

 


Diese Erkenntnisse haben zu einer Weiterentwicklung des Therapieansatzes geführt, dessen Wirksamkeit in Bonn untersucht wurde (Godeshöhe, Neurologisches Rehazentrum).

 

Bei welchen Krankheitsbildern kann man die Spiegeltherapie anwenden?

  • Schlaganfall
  • Parkinson
  • Multiple Sklerose
  • Phantomschmerz
  • CRPS (Sudeck-Syndrom)
  • chronische Schmerzen im Bereich der Arme/Beine
  • Schmerzen und Bewegungseinschränkungen durch schwere Traumen/Frakturen
  • Nervenverletzungen und fokale Handdystonie

 


Mehrwert der Spiegeltherapie

  • Gezielte Aktivierung des visuellen Kanals (= dominanter sensorischer Kanal)
  • Stärkere Aktivierung wichtiger sensomotrischer Netzwerke (u.a. Spiegelneuronensystem) in der geschädigten Hemisphäre durch Spiegelreflexion
  • Verbesserung des zerebralen Körperschemas

Kontraindikationen

  • Unzureichende kognitive Fähigkeiten
  • Ablehnung der Spiegeltherapie
  • Unrealistische Erwartungen / fehlende Krankheitseinsicht
  • Bilaterale Paresen
  • Andere ernsthafte Komorbiditäten (Rheuma), Gesichtsfeldeinschränkungen, starke neuropsychologische Störungen